Fahrstrecke: 536 km
Wetter: 15/24 °C, bedeckt bis stark bewölkt, leichter Wind
Wegen der Zeitumstellung ist es natürlich wesentlich früher hell als sonst und wir stehen schon um 5 Uhr 40 auf. Der Himmel ist völlig bedeckt, aber es ist trocken. Gegenüber gestern ist es aber wesentlich kühler.
Nach wenigen Kilometern dann der große Schock. Letzte Nacht fand hier das große Schlachten statt. Zwei große Tierkadaver liegen zerstückelt und zerrissen auf dem Highway. Von Zwillingsrädern zermalmt, liegen die Einzelteile verstreut herum und die Raben sind beim Aufräumen. Auch ein abgerissener Schmutzfänger liegt dazwischen. Wir halten davor an, in respektabler Entfernung auf dem Seitenstreifen, denn hinter uns kommen mehrere Roadtrains an und fahren Slalom. Durch unseren Stopp haben wir sie zum Abbremsen veranlasst, sonst hätten sie den Fleischhaufen nicht ausweichen können. Dann fahren wir auch vorbei. Anfangs hielten wir die Kadaver für zwei große Kängurus. Aber dann im Vorbeifahren sehen wir an den Hufen und der Wolle, dass es Schafe waren.
Schaf-Massaker durch Roadtrains auf dem Eyre Highway
Baum an der Nullarbor
Auch Autoleichen gibt es zur Genüge.
Jetzt überrascht uns ein ganz neues Phänomen. Plötzlich fliegt ein riesiger Schwarm kleiner grüner Vögel auf uns zu. Ich muss bremsen, um nicht in den Schwarm hinein zu fahren. Im letzten Moment kriegen sie alle doch noch die Kurve. Dann aber sehen wir die ganze Bescherung. Mitten auf der Straße liegen jede Menge grüne Federbüschel, die übrigbleiben, wenn so ein kleiner Vogel platt gemacht wird. Es sind Wellensittiche. Ein Roadtrain, der da hinein prasselt, bringt gleich hundert Stück auf einmal um. Und jedes andere Fahrzeug, das hier ungebremst durch fährt, erwischt auch welche. Wer liegen bleibt wird eingeebnet. Dort wo ihre toten Kameraden nun liegen, setzen sich die Tierchen wieder auf die Straße. Warum nur? Ständig fliegen einzelne Schwärme hin und her und kreuzen kurz vor uns die Straße, ziehen ihre Kreise und kehren wieder zurück zur Straße.
Wellensittiche auf dem Eyre Highway
Dann, nur ein paar Kilometer noch von Cocklebiddy entfernt, offenbart sich uns ein Riesenschlachtfeld mit den grünen Wellensittichen. Schwärme mit 20 bis schätzungsweise mehreren hundert Stück fliegen parallel zum Auto oder davor hin und her. Ich stoppe. Jetzt können wir hören, dass sie in den Bäumen ringsum ihre Nistplätze haben. Fliegen sie deshalb immer in geschlossenen Formationen an der Straße hin und her, um ihre Nester zu bewachen und spielen dabei Kamikaze? Oder benutzen Jungvögel die Straße als Start- und Landebahn und die älteren wollen ihnen durch ihr Herumschwärmen Schutz geben?
Einen der großen Schwärme muss ein Roadtrain voll erwischt haben. Hunderte kleine grüne Wellensittiche liegen tot am Straßenrand und auch auf der Straße. Viele sind platt gefahren. Wer die kleinen Kerle nicht rechtzeitig bemerkt, fährt noch mehr davon platt, weil sie sich immer wieder auf die Straße setzen. Massenmord im großen Stil findet hier statt. Wo sind die Tierschützer dieser Welt?
Tote Wellensittiche am Straßenrand
Hinter Cocklebiddy kommt dann endlich die Sonne etwas zum Vorschein.
Kurz nach Caigura beginnt dann mit 146,6 Kilometern die längste befestigte gerade Strecke Australiens und eine neue Zeitzone. Die Uhr muss hier noch mal um 45 Minuten zurück gestellt werden. Damit haben wir zu Deutschland nur noch einen Zeitunterschied von sieben Stunden statt neuneinhalb, denn in Westaustralien gibt es keine Sommerzeit.
Landschaft an der Nullarbor
Die längste befestigte gerade Strecke Australiens
Die gerade Strecke ist zumindest auf den ersten zehn Kilometern nicht eintönig, da sie wegen der Höhenunterschiede nicht besonders weit einzusehen ist, aber das kann sich ja noch ändern. Außerdem ziehen immer wieder mal kleine Schwärme von Wellensittichen ihre Kreise. Allerdings nicht mehr so gefährlich wie vorher.
Dann wird die Landschaft ebener und man sieht schon fast zehn Kilometer im Voraus ein Auto. Bis es heran ist, vergehen dann aber immer zwei bis drei Minuten.
Und wieder mal Nullarbor voraus ...
... und hinter uns
Bei der eintönigen Strecke kann man schon mal einschlafen.
Trotz überwiegend bedecktem Himmel ist es ziemlich warm geworden. Hinter uns kommt Sonne durch, schräg vor uns ist es dunkel und blitzt auch mal. Viel Regen kann nicht zu erwarten sein, denn wir fahren durch eines der trockensten Gebiete Australiens. Trotzdem stehen zu beiden Seiten der Straße schöne große Schirmbäume mit frisch ausgetriebenen Kronen, deren dunkelgrüne Blätter einen leichten rötlichen Schimmer aufweisen.
Das Gewitter zieht mit zahlreichen Blitzen südwestlich an uns vorbei. Wir bekommen nichts davon ab.
Dann sind wir durch. Dreiunddreißig Kilometer vor Balladonia biegt der Highway leicht nach rechts ab. Am Roadhouse müssen wir noch mal sehr teurer tanken für 183,3 Ct pro Liter. Fisch’n Chips sollen hier 18,50 $ und ein Cappuccino soll 5 $ kosten. Wir verzichten und kochen selber. Bei uns gibt es Erbsensuppe aus der Dose, verlängert mit Zwiebeln, Möhren und Knoblauch. Und weil wir derzeit nichts Frisches haben, gibt es Birnenkompott ebenfalls aus der Dose.
Auch hier in Balladonia gibt es kein Internetsignal. Erst wieder in Norseman, wo wir nach etwa 1300 Kilometern die Nullarbor endgültig hinter uns lassen. Der Caravanpark hier ist mit 35 Dollar völlig überteuert, aber es gibt halt nur den einen.
Auf dem Caravanpark in Norseman
Das war also die „gefürchtete“ Nullarbor, durch die manche in zwei Tagen durchjagen. Wir wollten uns eigentlich vier Tage Zeit lassen, aber wegen der nicht besonders einladenden Caravanparks, haben wir es bei drei Tagen mit zwei Übernachtungen belassen. Manches über diese Strecke wird übertrieben. Ohne jeglichen Baum ist nur ein geringer Teil des Gebietes. Wir hatten jedenfalls nicht so viel Busch erwartet. Dadurch wird die Fahrt auch keineswegs langweilig. Mehrere Abstecher zu den Steilküsten bieten Abwechslung. Wer mit einem 4WD unterwegs ist, hat sogar noch viel mehr Möglichkeiten. Wir fanden die Strecke jedenfalls hochinteressant.
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