Fahrstrecke: 56 km
Wetter: 23/34 °C, locker bewölkt, mäßiger Wind
Die Frau an der Rezeption erklärt und skizziert mir den Weg zu Telowie Gorge. Die Infofächer sind zwar voller Werbeprospekte, aber eine Broschüre über die Schlucht gibt es hier nicht. Schwach. Heute wird ein heißer Tag werden. Früh hatten wir 24 Grad im Auto. Gegen 9 Uhr waren es schon 30 Grad.
Von der Straße Richtung Murray Town fahren wir rechts ab auf den Middle Track. „Wir haben hier sehr schöne Namen für unsere Straßen“, sagte die Frau in der Rezeption. Weil wir die Abfahrt kurz verpassen, haben wir noch mal eine Begegnung mit einem Tannenzapfenskink auf der rechten Fahrbahnseite, der uns mit seiner blauen Zunge Angst einjagen will, aber bald im Gras verschwindet.
Der Tannenzapfenskink streckt uns seine blaue Zunge raus.
Nach etwa drei Kilometern auf dem Middle Track folgen wir links dem Schild „Telowie Gorge“. Am nächsten Abzweig gibt es kein Schild. Zum Glück haben wir die Skizze. Dann folgt doch noch mal ein Schild nach links „0,5 km Telowie Gorge“ und bald darauf das Parkeingangsschild „Telowie Conservation Park“.
Der Weg wird nun immer schmaler und artet langsam in eine Piste aus. Ein dünner Schlauch auf dem Weg dient zum Zählen der Autos. Dann sind wir am Parkplatz mit der Infotafel zur Telowie Gorge. Niemand weiter ist hier, außer aggressiven Ameisen, die gleich angreifen, wenn man stehen bleibt.
Erst wandern wir auf einem schmalen Pfad durch Busch, überqueren dann auf einer ziemlich neuen Holzbrücke einen ausgetrockneten Bach und müssen dann einen schmalen steinigen Pfad leicht bergauf gehen. Es ist unheimlich warm geworden. Ein Glück, dass ab und zu mal etwas Wind weht und eine Wolke auch mal zeitweise die Sonne verdeckt.
Die Wanderung ist kurz. Nur 1,6 km return. Aber die ganze Gegend ist fest in der Hand von zwei Zentimeter langen Ameisen, die hier den Wald aufräumen und ständig etwas schleppen. Weil sie auf dem Weg freie Bahn haben, benutzen sie den genauso wie wir. Sie müssen dann bloß aufpassen, dass sie keiner Eidechse über den Weg laufen, denn die huschen hier auch immer mal drüber.
Nach ein paar hundert Metern sind wir in der Schlucht. Dar Bach ist natürlich trocken. Kein Tropfen ist mehr drin. Hier soll es der Infotafel nach „Yellow Foot Wallabys“ geben und den Kötteln nach, die immer mal auf dem Weg liegen, scheint das zu stimmen. Aber bei dieser Hitze verkriechen die sich bis zur Dämmerung irgendwo im Schatten.
Der schmale Weg geht jetzt immer noch am trockenen Bachbett entlang. Die Berghänge sind mit nicht allzu dichtem Busch bewachsen. Am Bachbett entlang stehen Flusseukalypten mit den weißen Stämmen. Unsere Schritte sind fast die lautesten Geräusche. Ab und zu vernehmen wir ein paar Vogelstimmen und ein leichtes Rauschen in den Blättern der Baumwipfel. Kein Motorgeräusch, kein Krach machender Laubbläser. Natürliche Ruhe. Und wieder ein Tannenzapfenskink mitten auf dem Weg. Wir lassen ihn in Ruhe ziehen.
Beginn des Walking Trails in die Telowie Gorge
In der Telowie Gorge
Eingewachsener Felsbrocken
Einzelne Wasserlöcher gibt es noch in der Gorge.
An manchen Stellen muss man hier selbst nach dem Weg suchen. Markierungen gibt es nicht. Das Bachbett ist der Wegweiser. Nach etwa einer Viertelstunde endet der Trail mit einem Schild. Ab hier sollen nur „experienced bushwalkers“ (erfahrene Buschwanderer) weiter gehen. Sind wir doch. In dem Buch eines, ähnlich wie wir, Langzeitaustralienbesuchers, schreibt der Autor: „Ab hier gehen nur Selbstmörder weiter“ und ist wieder umgekehrt. Wir sind zwar noch nicht so weit, dass wir uns selbst umbringen wollen, möchten aber trotzdem wissen, ob das stimmt was er schreibt.
Ende des Trails für "Spaziergänger"
Auch hier ist es aber niocht viel schwieriger.
„Yellow-footet Rock Wallabys“ sehen wir zwar nicht, als Ersatz aber vier wilde Ziegen, die auf der anderen Seite des Bachbettes herumklettern. Und kleine Lizards huschen immer wieder zur Seite. Wir können so ruhig gehen wie wir wollen, schon das leiseste Knirschen unter den Schuhen reicht, um sie aufzuschrecken.
Etwa 300 Meter hinter dem offiziellen Endpunkt wird der Schwierigkeitsgrad des Trails höher, weil es nur noch über Steine im Bachbett weiter geht oder man unmittelbar neben dem Bachbett über Felsbrocken klettern muss. Man muss auch schon mal ein bisschen durchs Gestrüpp kriechen, weil es hier einfach nicht an allen Stellen einen ausgetretenen Pfad gibt. Und hier wird die Schlucht auch immer enger. Mindestens auf einer Seite ragt immer eine Steilwand hoch. Vor nicht allzu langer Zeit ist hier ein großer Felsbrocken ausgebrochen und liegt jetzt unten. An manchen Stellen haben die stark überhängenden Felsen auch breite Risse. Aber solange obendrauf sogar noch ein Baum steht, dürfte der Felsen noch eine Weile halten.
Uns voraus lässt sich immer ein Flötvogel mit seinen zwei Tönen hören. Jetzt haben wir das Gefühl, dass wir durch den engen Teil der Gorge durch sind. Die Felshänge liegen weiter auseinander und sind nicht mehr so steil. Dann gibt es auch wieder einen schmalen ausgetretenen Pfad und nach weiteren 200 Metern wird die Schlucht breiter und flacher. Hier geben wir auf. Nicht wegen der Schwierigkeit, sondern weil wir noch weiter fahren wollen und nicht so viel Wasser im Rucksack haben. Der Autor des dicken Buches über seine Australienreisen hat also etwas übertrieben. Aber er war damals auch schon ein etwas älterer Herr von Mitte sechzig. Da muss man schon etwas nachsichtig sein.
Zurück geht es im wahrsten Sinne wieder über Stock und Stein. Von einem ausgebrannten Baumstamm, in den sicher mal ein Blitz eingeschlagen hat, ist ein Drittel schon umgefallen. Überall duftet es nach Eukalyptus und nach den Zypressen. Manchmal aber auch nach Tier, besonders dort, wo sich die Wallabys am Abend oder früh versammeln und dann haufenweise ihre Köttel hinterlassen.
Wir fahren weiter nach Murray Town. Die Straße schlängelt sich durch die südlichen Ausläufer der Flinders Range. Die Gegend hier ist sehr trocken. Nur an den frischen Trieben der Bäume und Büsche merkt man, dass jetzt Frühjahr ist. Auf einem Feld ist ein Mähdrescher bei der Arbeit.
Mähdrescher kurz vor Melrose
Wir kommen nach Melrose. Dem Schild nach ist es das älteste Dorf in den Flinders Range, existiert seit 1853 und macht einen recht ordentlichen Eindruck.
Die Frau in der Rezeption des Caravanparks versteht sogar ein paar Worte Deutsch, spricht sonst aber nur Englisch. Sie erklärt uns den Wanderweg in der Nähe des Ortes.
Auf dem Caravanpark in Melrose
Wanderung rund um Melrose
Zurück ins Dorf führt der Weg über eine Hängebrücke.
Von einer früheren Kommilitonin habe ich vor ein paar Tagen eine Mail bekommen, dass in Wilmington, nur etwa 25 Kilometer von Melrose entfernt, ein deutsches Ehepaar wohnt, die wir mal besuchen könnten. Da in australischen Dörfern jeder jeden kennt, frage ich gleich mal die Frau vom Caravanpark nach Anita und Günther H. Sie verspricht uns, sich mal umzuhören und sich dann bei uns zu melden. Nun waren wir aber ab 17 Uhr wieder auf Wanderschaft und als wir halb sieben wieder zurück waren, war die Rezeption geschlossen.
Gegen Abend kühlte es sich merklich ab. Jetzt um 20 Uhr haben wir nur noch 22 Grad fast zu kalt.
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