Inzwischen sind 41 Jahre vergangen, seit ich im Winter 1964/65 das erste Mal in Bulgarien war. Eigentlich sollte die Reise damals in die Rhodopen nach Pamporovo gehen. Aus unerklärlichen Gründen, teilte uns aber das Reisebüro in Wittenberg einige Tage nach der Buchung mit, dass die Reise verschoben werden muss. Alternativ könnten wir aber nach Borovetz im Rilagebirge fahren. Mein Freund und ich waren uns einig, dass uns diese Änderung nicht von der Reise abhalten sollte.
Also flogen wir am 2. Weihnachtsfeiertag 1964 von Berlin-Schönefeld mit einer russischen Propellermaschine IL 18 der Interflug (DDR-Fluggesellschaft) nach Sofia und wurden mit dem Bus weiter nach Borovets. gefahren Das Hotel BOR, in dem wir wohnten, war damals noch relativ neu und wir fühlten uns sehr wohl dort.
Sehr viel haben wir aber in den zwei Wochen nicht von Bulgarien gesehen. Ein organisierter Ausflug ging zum Rilakloster, schon damals ein absolutes Muss für einen Bulgarienreisenden. Natürlich sind wir auch mal in die Bergwelt gewandert. Unten in Borovetz (1300 m) lag nur ein wenig nasser Schnee, in den Bergen oberhalb war es dafür aber mehr. Bis auf den Gipfel des Jastrebetz auf 2.369 m Höhe war das zu dieser Jahreszeit eine ziemliche Tortour. Aber wir waren noch jung und kräftig. Heute kann man dort mit der Gondelbahn hinauf fahren.
Schließlich feierten wir auch noch Silvester in Borovetz. Dann aber folgte ein Ausflug ins Ungewisse, der vom bulgarischen Staatssicherheitsdienst relativ schnell beendet wurde. Den Rest des Urlaubs und noch etliche Wochen mehr, verbrachten wir dann im Zentralgefängnis von Sofia.
Die Erlebnisse von 1965 haben mich nie wirklich losgelassen. In all den Jahren bisher habe ich mir immer wieder vorgestellt, Bulgarien als freier Mensch zu erleben, die schönen Landschaften und Sehenswürdigkeiten kennenzulernen und vor allem auch einige Orte aufzusuchen, an die ich mich nur noch vage erinnern kann, auch weil es an dem Januartag früh dunkel wurde. Letztendlich wollte ich mit einem gültigen deutschen Pass von einem Land aus, das neben der DDR wohl der engste Verbündete der ehemaligen Sowjetunion war, als freier Mensch über die Grenze nach Griechenland gehen. Dieses Gefühl wollte ich mir nach so langer Zeit noch gönnen.
Die Reise nach und durch Bulgarien war für mich auch eine Art Vergangenheitsbewältigung.