Sonntag, 11. Juni 2000 - 1. Tag Anreise nach Keflavík
Nachts um 3.00 Uhr fahren wir mit dem für 4 Wochen gepackten Auto erst mal nach Bergheim. Peter erwartet uns schon auf der Straße vor dem Haus. Helga reibt sich verschlafen die Augen, als wir sie im Nachtgewand zu unchristlicher Zeit an der Treppe begrüßen und uns gleich wieder verabschieden. Wir stellen unser Auto bei Peter in die Tiefgarage, nehmen unser Islandgepäck heraus und lassen uns von ihm zum Flughafen Düsseldorf bringen.
Unsere Maschine der SAS geht um 7.10 Uhr und bringt uns zunächst nach Kopenhagen. Dort haben wir etwa 2 Stunden Aufenthalt. In einer Ecke suchen wir uns eine freie Sessel-reihe und ruhen uns noch etwas aus. Von hier aus könen wir dann auch das Beladen unserer nächsten Maschine beobachten.
Um 10.40 Uhr geht es dann mit Icelandair weiter nach Keflavík auf Island. Die Maschine ist nicht voll besetzt. Es ist ein sehr angenehmer Flug, aber anders als 1997 ist heute beim Anflug keine Sicht auf die Insel.
Um 12.00 Uhr landen wir pünktlich in Keflavík.
Die Einreise ist noch einfacher als 1997. Es gibt keinerlei Passkontrolle und auch vom Zoll ist niemand zu sehen.
Unser erster Anlaufpunkt ist wieder die Landsbanki Islands, um uns Isländische Kronen zu beschaffen. Vor drei jahren erhielten wir für 1 DM noch 42 ISK, heute sind es nur noch knapp 36 ISK. Islandurlaub wird immer teurer. Wir tauschen auch 700 Schwedische Kronen um, die noch vom Urlaub 1995 übrig geblieben sind. Sicher haben wir auch hierbei einen ordentlichen Wertverlust hinzunehmen.
Dann fahren wir mit unserem Gepäck zu Hertz, um den Mietwagen zu übernehmen. Bestellt haben wir den kleinsten 4WD den es gibt, einen Suzuki Jimny. Selbst für den muss man hier schon tief in die Tasche greifen. Aber ein Allradfahrzeug sollte es diesmal sein, denn in den Westfjorden sind die meisten Straßen unbefestigt.
Diesmal geht die Übernahme nicht so glatt wie vor 3 Jahren, denn wir gehören immer noch zu der Sorte Menschen, die keine Kreditkarte besitzen. Die Hertz-Dame kann es scheinbar nicht glauben, dass wir solche Hinterwäldler sind und fragt noch zweimal nach ehe sie begreift, dass wir 'no-credit-card-people' sind. Bisher haben wir das Plastikgeld noch nicht vermisst, aber heute haben wir endlich begriffen, dass man ohne nicht mehr in diese Welt passt. Nach einigem Hin und Her telefoniert sie, ergänzt etwas auf unserem Vertrag und hält ihn mir zur Unterschift hin. Was ich unterschrieben habe, merke ich erst bei der Rückgabe. Warum kann ich eigentlich immer noch nicht fließend Englisch lesen, schreiben und sprechen? Wir müssen eine hohe Kaution in bar hinterlegen und erhalten Papiere und Schlüssel für das Auto.
Gegen 13.00 Uhr sind wir soweit, dass wir abfahren können. Das Gepäck ist verstaut. Das Auto funktioniert einwandfrei. Die Brustbeutel sind voller Islandkronen. Was brauchen wir mehr? - Also ab in die Natur! Das Wetter ist so wie man es von Island kennt, regnerisch und kühl bei 8 °C. Aber schließlich haben wir erst Anfang Juni. Dort wo wir diesmal hin wollen, wird der Winter an einigen Stellen gerade vorbei sein.
Es geht wieder durch die vertrauten Lavafelder. Diesmal lassen wir Reykjavík links liegen. Wir wollen nicht so spät auf Suδur-Bár ankommen.
Bald haben wir den Hvalfjörδur (Walfjord) erreicht. Inzwischen führt ein Tunnel unter dem Fjord hindurch. Wir sind aber nach Island gekommen, um etwas von der Landschaft zu sehen, auch wenn es ab und zu regnet. Deshalb verzichten wir auf den Tunnel und sparen die unvermeidbare Maut auf der anderen Seite. Dafür fahren wir die 84 km voll aus. Am Fjordende halten wir kurz an. Hier beginnt der Wanderweg zum höchsten Wasserfall Islands dem Glymur. Den werden wir auf der Rückfahrt besuchen nachdem wir schon 1997 darauf verzichtet hatten. Zügig fahren wir weiter auf der anderen Seite des Fjords Richtung Borgarnes.
Ab und zu legen wir kurze Videostopps ein. So auch am Rastplatz vor der langen Brücke, die über den Borgarfjörδur führt.
Auf ganz Island gibt es, zumindest an Hauptstraßen, diese Rastplätze mit Bänken. Große Infotafeln informieren über Wegstrecken, Sehenswürdigkeiten und Unterkünfte.
Auch in diesem Jahr lassen wir den interessanten Eldborg wieder links liegen, sonst würden wir zu spät auf Suδur-Bár ankommen.
Auf dem Pass Kerlingarskarδ halten wir kurz an. Auch wenn es hier etwas unheimlich einsam ist, bleiben wir auch diesmal von Geistererscheinungen verschont.
Unmittelbar hinter dem Pass hat man einen herrlichen Blick auf die Nordküste der Halbinsel Snæfellsnes und den Breiδafjörδur. Was uns besonders freudig stimmt, ist der blaue Himmel im Hintergrund. Das könnte besseres Wetter an den nächsten Tagen bedeuten. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass man auf Island das Wetter nicht nach Tagen, sondern besser nach Stunden oder Minuten beurteilen sollte.
Gegen 19.00 Uhr kommen wir am Hof Suδur-Bár an. 1997 haben wir schon einmal hier übernachtet. Damals saß der alte Bauer vor dem Haus auf der Bank und deutete, Isländer sind nun mal wortkarg, bloß mit der Hand in Richtung Eingangstür. Diesmal ist die Bank leer.
Die Bäuerin war schon Ende 1997 gestorben. Das hatte uns Erna geschrieben. Sie war 1997 als Praktikantin auf den Hof gekommen. Zwischen ihr und Martein hatte es scheinbar bald so sehr gefunkt, dass sie auf Suδur-Bár geblieben ist. Ob der Bauer noch lebt? Wir werden es sicher bald erfahren.
Aus dem Stall kommt uns Martein entgegen. Er weiß, dass wir kommen, denn wir sind ja angemeldet. Erna ist noch draußen unterwegs. Martein zeigt uns das Zimmer im Obergeschoss, so dass wir uns schon mal für zwei Übernachtungen einrichten können. Es gibt jetzt auch eine Dusche hier. Martein hat das Haus etwas umgebaut und sich voll auf Tourismus eingerichtet.
Dann kommt auch Erna nach Hause. Sie war zusammen mit ihrer Freundin, die gerade aus Bremen zu Besuch hier ist, an der frischen Luft - und davon gibt es ja in Island mehr als genug. Ihre Freundin studiert Geographie und soll hier im Rahmen eines Praktikums ein Vegetationsprofil der Halbinsel Eyrarfjall erstellen. Das scheint nach ihren Aussagen garnicht so schwer zu sein, aber angefangen hat sie damit noch nicht, obwohl sie schon fast zwei Wochen hier ist. Sie hatte auch noch gar keine Zeit dazu, weil sie Erna beim Betreuen der Touristen hilft. Heute haben beide ziemlich viel zu tun, die Touristenmenüs für die fünf Franzosen herzurichten, die auch hier zu Gast sind. Sie sind gerade vom Golfplatz zurückgekommen, der auch mit zu Marteins Anwesen gehört. Während die Franzosen essen, machen wir es uns den Rest des Abends im Wintergarten gemütlich, lesen und besprechen unsere nächsten Unternehmungen.