Freitag, 23. Juni 2000 - 3. Tag Torvik, Ålesund, Molde und Kristiansund
Obwohl die Route in der Nacht am Vestkapp vorbei über offenes Meer führt, ist es ruhig und wir verschlafen die Häfen Florø und Måloy. Wir sind aber an Deck als wir 7.30 Uhr in Torvik, dem Hafen für die 8000 Einwohner des Inselreiches Hærøy anlegen. Die einzelnen Inseln sind alle durch Brücken miteinander verbunden. Hier beobachten wir auch zum ersten Mal was so alles aus dem Schiffsrumpf heraus und wieder hinein-kommt. Es sind nur wenige Passagiere, die zu- oder aussteigen oder mal kurz das Schiff verlassen, dafür werden aber einige Güter umgeschlagen.
Um 9.15 legen wir dann in Ålesund an, der Stadt, die auf drei Inseln erbaut wurde. Durch einen Großbrand wurden hier 1904 viele Gebäude zerstört und danach im Jugenstil wieder aufgebaut. Wir haben nur eine dreiviertel Stunde Aufenthalt, gehen aber trotzdem kurz an Land.
Als gerade ein Fischer mit seinem kleinen Kutter und frischem Fang zurück kommt, beobachten wir eine Weile wie er fachmännisch Seelachsfilets schneidet, ohne vorher den Kopf oder Schwanz vom Fisch zu trennen, wie wir es immer bei unseren Angelurlauben in Norwegen getan haben. Gekonnt ist eben gekonnt. Aus dem Kutter nebenan heraus werden frische Shrimps verkauft. Wenn wir auf der Harald Jarl nicht so eine großartige Vollpension hätten, wären die frischen Shrimps genau die richtige Zwischenmahlzeit.
Um 10.00 Uhr geht es schon weiter in Richtung Geirangerfjord. Erst fahren wir in den 110 km langen Storfjord und dann in den Sunnylystfjord hinein. Bis zum Geirangerfjord dauert die Fahrt etwa 3½ Stunden. Man hat also genügend Zeit sich an den Bergen zu beiden Seiten der Fjorde satt zu sehen. Hinter dem Ort Stranda kommen wir auch an dem Haus vorbei, in dem wir 1996 eine Woche von insgesamt drei Wochen Angelurlaub verbrachten. Die Lage des Hause fanden wir damals schon einmalig. Man konnte im Erker des Obergeschoss in einem Schaukelstuhl sitzen und die auf dem Weg zum Geiranger vorbeifahrenden Kreuzfahrtschiffe beobachten. Sogar vom Klo hatte man diesen herrlichen Ausblick. Jede längere Sitzung war also auch ein Erlebnis. Bei der Einfahrt in den berühmten Geirangerfjord begrüßt uns die kleine Autofähre, die zwischen Hellesylt und Geiranger verkehrt. Der Geirangerfjord ist eine der größten Sehenswürdigkeiten Norwegens. Der 16 km lange Fjordarm, in den wir jetzt einbiegen, gräbt sich zwischen weißen Gipfeln, steil abfallenden Berghängen und tosenden Wasserfällen einen Weg ins Innere des Landes. Kleine Höfe klammern sich am Berghang fest. Noch bis 1961 war hier der letzte Hof bewohnt. Wir kennen den Geiranger zwar schon von 1996, als wir ihn mit der Autofähre befahren haben, aber es ist bei sonnigem Wetter, wie wir es heute haben, immer wieder ein großartiges Erlebnis diese einmalige Landschaft genießen zu können.
Beeindruckend sind immer wieder die großen Wasserfälle.
Hier sind es die "Sieben Schwestern".
Ihnen gegenüber liegt der "Freier" der keine von den Schwestern erreichen kann, so kraftvoll er sich auch gibt.
Als wir vor Geiranger anlegen, einige Passagiere zum Busausflug aussteigen und das Schiff dann wendet, müssen wir gerade zum Mittagessen. Gegessen wird hier in zwei Durchgängen und die Zeiten müssen eingehalten werden. Wer zum ersten Durchgang nicht pünktlich ist, wird nicht mehr in den Salon eingelassen und muss sehen, dass er im zweiten Durchgang einen Platz findet. Wir haben zwar diese strenge Regelung nicht ganz verstanden, uns aber gefügt und, deutsch wie wir sind, auf Pünktlichkeit geachtet. So konnten wir während des Wendemanövers vor Geiranger nicht filmen und fotografieren.
Gegen 18.00 Uhr legen wir noch mal kurz in Ålesund an bis es 19.00 Uhr dann weitergeht nach Molde.
Auf dem Schiff steigt heute die Sonnenwendfeier, denn es ist der 22. Juni und somit der längste Tag des Jahres. Das Achterdeck ist mit Birkenzweigen geschmückt und ein Alleinunterhalter, ein Schwede mit Gitarre, spielt und singt zum Tanz auf. Es finden sich aber nur wenige unentwegte, die auf die Tanzfläche gehen.
An Backbord (links) begegnet uns auf ihrer Südroute die Nordlys. Da jeden Abend ein Hurtigrutenschiff in Bergen startet, kreuzen sich die Schiffe auch täglich einmal. Mit großem Hallo, Sirenenlärm, Fahnen- und Tischdecken schwenkend begrüßen wir uns gegenseitig.
Auch an den Fjordufern wird gefeiert, es brennen vereinzelt Sonnenwendfeuer und man winkt uns zu. Das Wetter ist aber ziemlich ungemütlich, kalt und etwas regnerisch.
Um 22.00 Uhr legen wir mitten im Zentrum der Stadt Molde an. Der Bürgermeister begrüßt den Kapitän anlässlich des Jubiläums mit einem Rosenstrauß, denn Molde wird wegen der vielen Gärten auch Rosenstadt genannt. Das Panorama der 87 Gipfel der Romsdal-Alpen, die heute leider wolken-verhangen sind, hat Molde berühmt gemacht.
Gleich nach der Abfahrt um 22.30 Uhr geht die Sonnenwend-feier im Salon weiter, ein vorzügliches Buffet wird aufgebaut und der Alleinunterhalter legt los. Schon beim ersten Lied ist dem Kapitän aber die Lautstärke zu hoch und er flüstert es dem Schweden ins Ohr. Daraufhin bewegt der ein paar Takte lang nur die Lippen zur Gitarre. Alles lacht und johlt. Dann stellt er sich aber auf eine normale Lautstärke ein. Er gibt sich die größte Mühe, aber so richtig kann er niemanden vom Hocker reißen. Draußen wird es inzwischen immer ungemütlicher, es regnet und der Wind nimmt zu, den zwischen Molde und Kristiansund geht es ein Stück über offenes Meer. Drinnen macht inzwischen der Kapitän etwas Stimmung und legt mit einer der Kellnerinen zu "Hallo Mary Lou" eine flotte Sohle auf's Parkett. Während der Kapitän tanzt, tobt draußen der Wind und die Wellen lassen die kleine Harald Jarl für unsere Landrattenbegriffe ziemlich schwanken. Uns wird dabei schon leicht mulmig. Selbst als die Feier zu Ende ist, gehen wir noch nicht in die Kabine, aus Angst uns könnte in der Koje schlecht werden. Wir wandern deshalb durch das Schiff, schnuppern ab und zu mal frische Luft und lassen uns mal hier und mal dort nieder.
Bis nachts 2.00 Uhr bleiben wir noch auf, dann sind wir mit dem Hafen von Kristiansund endlich wieder in geschützten Gewässern. Dort steigt um diese Zeit nur ein alter Mann im Trenchcoat mit einer alten Aktentasche ein. Nach wenigen Minuten geht es dann auch schon weiter und wir legen uns endlich in unsere Kojen.