Donnerstag, 22. Juni 2000 - 2. Tag Start in Bergen
Gegen 18.00 kommen wir im Hafen an. Unser Schiff, die M/S Harlald Jarl liegt am Kai bereit und wartet auf die Passagiere. Wir laden unsere Koffer aus und geben Sie in einem großen Zelt ab. Von dort bringt man sie uns auf das Schiff. An der Harald Jarl sind noch die Maler tätig und übertünchen mit schwarzer Farbe einige unschön aussehende Stellen am Rumpf des alten Kahns. Dann geht es an das Verladen des Autos. In die alten Hurtigrutenschiffe rollt man nicht einfach hinein. Hier wird das Auto noch traditionell mit dem Kran verladen.
Nachdem ein Schiffsoffizier alle schon vorhandenen Beulen und Kratzer schriftlich festgehalten hat, übernimmt er unser Auto. Wir hatten uns bewusst die Harald Jarl für unsere Reise ausgesucht, weil es das älteste Schiff der Hurtigrutenflotte ist, jedenfalls im Jahre 2000 war es so, weil die noch ältere Nordstjernen zu dieser Zeit modernisiert wurde. Moderne Schiffe kann man immer noch kennen lernen, aber wie lange so ein altes Schiff noch im Dienst ist, weiß man nie. Wie recht wir hatten, kann man in den Logbuchauszügen nachlesen. Inzwischen wird unser Auto an den Rädern in ein Gestell gezwängt, an Ketten mit dem schiffseigenen Kran an Bord gehievt, auf dem Vorderdeck abgestellt und dort seefest verzurrt. Wir haben inzwischen schon das Schiff betreten, müssen aber noch etwas warten bis wir in die Kabine können. Beim Einchecken an der Rezeption werden von der Reiseleiterin an alle Passagiere blaue Mützen und T-Shirts mit der Aufschrift:
Jubileumstur 22/6 - 03/07/00 <<MS Harald Jarl>> 40 år
Das war eine ziemliche Überraschung für uns. Nicht unbedingt die Mützen und T-Shirts, sondern dass wir ohne vorheriges Wissen zufällig für die 40-jährige Jubiläumstour des ältesten Schiffes der Hurtigruten, der Harald Jarl, gebucht hatten. Mit so einer tollen Überraschung hätten wir nicht gerechnet.
Dann schnappen wir unsere Koffer, die bereits auf dem Zwischendeck stehen und beziehen unsere Kabine mit dem Etagenbett und Bullauge als Fenster unmittelbar über der Wasserlinie. Die Fensternische dient uns als Kühlschrank für das noch mitgebrachte Obst. Der Waschraum mit Dusche ist einfach eingerichtet, aber alles funktioniert einwandfrei. Danach gehen wir los auf Erkundungstour durch das Schiff. Auf unserem Weg durch den zentralen Treppenraum hören wir plötzlich Chorgesang von oben. Also nichts wie die Treppe hinauf.
Oben hat sich aus Anlass des Jubiläums ein Seemannschor aufgestellt und war schon fleißig am singen. Also suchen wir uns zwischen den anderen schon dicht gedrängt stehenden Passagieren auf dem Treppen-absatz einen Platz und nehmen den Gesang und den Chor so gut es in dem Zuschauergedränge geht mit der Videokamera auf. Der Chor sang mehrere Lieder in deutsch und englisch und alle waren begeistert diese Überraschung miterleben zu können.
Zum Schluss wurde fleißig Beifall geklatscht und der Kapitän hat sich mit kurzer Rede beim Chor bedankt. Leider verstehen wir nicht alles, da er norwegisch spricht.
Dann bereitet die Besatzung das Ablegen vor und alle Gäste müssen das Schiff verlassen. Vom unteren Deck erklingt auch noch Akkordeonmusik und Gesang, der die aus dem Schiff drängenden Besucher begleitet. Dann müssen auch diese letzten Musikanten gehen.
Pünktlich um 20.00 Uhr ist die Gangway bereits weggezogen, die Schiffssirene ertönt und wir legen vom Hurtigrutenkai ab. Einige Leute winken uns noch eine Weile nach. Der Himmel ist stark bewölkt, ab und zu fallen ein paar Tropfen, wie das in Bergen so sein muss, aber manchmal lugt auch die Abendsonne noch durch.
Eine Überraschung jagt an diesem Tag die andere. Nach ein paar Minuten werden wir von mehreren Schiffen begleitet, die ihre Hörner und Sirenen ertönen lassen. Ein Löschboot spritzt nach beiden Seiten riesige Wasserfontänen hoch und auf einem dicht besetzen Kutter ist auch wieder der Seemannschor fleißig am singen. Der Kapitän dieses Kutters ist recht wagemutig, denn er prescht unter lautem Gejohle aller Passagiere bis auf fast einen Meter an die Harald Jarl heran bevor er abdreht, und das gleich mehrere Male. An einem solchen Tag sind sicher alle Vorschriften außer Kraft gesetzt.
Unser Schiff gewinnt allmählich an Fahrt und nach ungefähr einer halben Stunde ist das herrliche Getöse vorbei und alle anderen Schiffe bleiben zurück. Plötzlich sind wir allein. Außer den Schiffs- und Wellengeräuschen ist nichts mehr zu hören und wir fahren durch den Byfjord einer hinter dicken Wolken untergehenden Sonne entgegen. Wir bleiben noch lange auf Deck um diesen Anblick zu genießen und an die Ereignisse dieses ersten Abends zurück zu denken.